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Jarvis-Brasswinden
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3 & 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7 & 8
Quellen
Abbildungen 1-23
Abbildungen 24-42
Anhänge
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Auf dieser Seite: Jarvis-Brasswinden – Eine Studienarbeit darüber – Wiederbelebung 1999

Jarvis Brasswinden sind handbetriebene Hilfsmaschinen, die auf manchen großen Rahseglern eingesetzt wurden und werden, um das Brassen (horizontales Drehen der Rahen um die Mastachse) zu erleichtern. Von den zahlreichen Frachtseglern, die zu Beginn des 20. Jhd. damit ausgerüstet wurden, sind heute nur noch zwei in Betrieb: die beiden russischen Viermastbarken SEDOV (ex MAGDALENE VINNEN) und KRUSENSTERN (ex PADUA), beides ehemalige deutsche Schiffe.  Diese Brassenwinden, so genial einfach und doch kompliziert, hatten mich schon fasziniert, bevor ich 1992 an Bord der SEDOV an ihren Kurbeln keuchte. 9 Jahre später bot sich mir die Möglichkeit die Konstruktion und Funktionsweise der Jarvis Winden im Rahmen einer Studienarbeit im Detail zu untersuchen.

Die Aufgabe der Arbeit war es, für die damals geplante Nachempfindung der französischen Fünfmastbark FRANCE II ( = „France II Renaissance“ für Kreuzfahrten ) Brasswinden mit 10 statt, wie üblich, mit 6 Trommeln zu konstruieren und zu berechnen.

Auch das Original, dass 1911 in Bordeaux vom Stapel lief, hatte als einziges Schiff diese 10-Trommel-Winden, die es erlaubten gleichzeitig alle Rahen eines Mastes zu bedienen, statt wie üblich nur die unteren drei (die FRANCE II fuhr keine Royals). Nach einer weiteren vierwöchigen SEDOV-Reise 2001 ging es ans Quellenstudium. Die leicht zugänglichen Schriften hierüber kann man an einer Hand abzählen: Einmal die Patentschrift von Capt. Jarvis (1890, in englisch), zum Zweiten die Beschreibung und Zeichnungen von Middendorf (1903, in deutsch) und zum Dritten ein überaus tiefgehendes Papier von Piet Meereboer (in niederländisch (Danke Piet!)), der zu dem Thema auch eine hervorragende Website unterhält. Ein veröffentlichter Vortrag von Marcel Wurst (Yachtbausymposium 2000, in deutsch) hierzu erwies sich dagegen als wenig brauchbare Informationsquelle, da er oft kaum nachvollziehbar und in einigen Punkten falsch ist.

Der Quellenauswertung folgten Rechnen, Zeichnen und Schreiben. In der 45-seitigen Studienarbeit werden: die Brassführungen an diesem Schiff festgelegt, die aus der Schiffsgeometrie herrührenden Brasslängen und Trommelgrößen ermittelt (unter Verwendung von Piet Meereboers Excel-Programm dafür), die Kräfte bestimmt, die durch das Rigg auf die Winden wirken und umgekehrt, daraus die Untersetzung des Vorgeleges ermittelt und die Winde schließlich konstruiert/gezeichnet. Am Ende werden das Für und Wider des maschinellen Antriebs von Brasswinden besprochen. Der nicht unerhebliche Aufwand, die Theorie einer so vielfach erprobten Winde bis ins Detail zu ergründen, mag manchem übertrieben erscheinen, jedoch ist die potentielle Zeitersparnis bei der Fertigung, Inbetriebnahme und Nutzung immens. Aufgrund der Ergebnisse dieser Arbeit ist es leicht möglich, schnell und günstig  für jeglichen Rahsegler passende Brasswinden zu konstruieren und zu bauen.

Um die Arbeit jedem Interessierten zugänglich zu machen, und natürlich um mein immenses Geltungsbedürfnis zu bauchpinseln, ist das Papier hier als Text mit Abbildungen und Anhängen veröffentlicht. Aus technischen Gründen ist es kein PDF sondern lange Meter Schrift mit Bildern in Fotoalben. Um sich wieder ein lesbares Dokument zu basteln, kopiere man also den Text und füge die Bilder an entsprechender Stelle ein. Es darf wohl gemutmaßt werden, dass jemand, der den langen Atem für diese Lektüre hat, das Kopier-Gehühner kaum schrecken wird...

Die Wiederbelebung der Brasswinde

Für den Neubau des Niederländischen Klippers STAD AMSTERDAM (1999) wurden u.a. auch 2 neue Jarvis-Brasswinden gebaut (für Fock- und Großmast). Das erste Mal seit den 20iger Jahren. Zwar hatten die originalen Klipper keine solchen Winden, doch der Betreiber wollte ein Schiff, dass auf stilechte Weise von einem Minimum an Mannschaft bedient werden kann. In der hohen Zeit der Windjammer konnte man solches Zubehör einfach bei dem Hersteller bestellen, wohingegen heute schon so einige Berechnungen und Zeichnungen gemacht werden müssen, bevor die Teile in Handarbeit hergestellt werden, denn die Dinger sollen ja nicht nur gut aussehen sondern auch die nächsten 30 Jahre leicht und zuverlässig funktionieren. Diese, nach klassischem Vorbild, aber aus nichtrostenden Materialien gefertigten Winden wurden (meines Wissens) berechnet und konstruiert von Marijke de Jong (damals in Diensten von Gerard Dijkstra). Für das Auftakeln des Schiffes und damit das Einstellen der Winden war der Takler Richard Tefsen verantwortlich. Über die Erfahrungen, die mit diesen neuen Winden in der Praxis gemacht wurden, ist mir leider nichts bekannt, aber – falls jemand was weiß – hör ich gern...

Wie kaum anders zu erwarten, erregte der Bau der STAD AMSTERDAM viel Aufsehen nicht nur in Großseglerkreisen, und so begab es sich, dass die Brasilianische Marine auch so ein elegant-wackeres Schiff haben wollte. Auf derselben niederländischen Werft wurde nach fast identischen Plänen die CISNE BRANCO gebaut. Ob nun ein Marineschulschiff, das eher Probleme damit hat, Arbeit für das viele Volk zu finden (statt umgekehrt), unbedingt kostspielige Brasswinden braucht, sei mal dahin gestellt. Diese beiden Maschinen sollten für maschinellen- und für Handbetrieb ausgelegt sein. Die Konstruktion und der Bau des Riggs fielen an die Navcon GmbH in Wolgast (D). Die Konstruktion der Brasswinden übernahm ein Maschinenbau-Ingenieur, und vielleicht ist es so zu erklären, dass ein paar mehr Zahnräder als gewöhnlich vorgesehen wurden. Die Kraftübertragung zwischen den Hydraulikmotoren und den Antriebsrädern der Winden erfolgte mittels „dicker Fahrradketten“ (der Anschaulichkeit halber). Diese beiden Winden sind, wie ihre 80jährigen Vorbilder aus normalfestem Stahl (anschließend konserviert). Die Einstellung der Trommeln erwies sich (laut der beteiligten Takler) als ein recht zeitraubendes Glücksspiel. Trotzdem (oder weil) die Untersetzung fast doppelt so groß gewählt wurde, wie üblich, zeigten sich die Winden im Handbetrieb sehr schwergängig und langsam. (Im Hafen konnten 2 Männer die leeren Rahen (ohne Segel) nur mit großer Mühe brassen, und nach Minuten schweren Kurbelns waren die Rahen nicht einmal von hart auf vierkant bebrasst (ca. 1/3 des Weges). Also nicht wirklich ein Arbeitserleichterung, aber ob nun jedes Mal zum Umbrassen der Maschinist geweckt wird, entzieht sich wiederum meiner Kenntnis.

Aktualisiert: 06.02.2006

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